Freerunning

Move! Die Körperkult-Kolumne

von Sebastian Finis

 

Im vergangenen Sommer beobachtete ich im Volkspark Friedrichshain eine Gruppe dabei, wie sie barfuß das Geländer zum kleinen Bunkerberg hochbalancierte. Parcours nennt sich dieser Trend. Das kommt aus dem Französischen und ist eine spezielle Form der Fortbewegung durchs Stadtgebiet und Gelände.

 

Es geht zwar auch mit Schuhen, aber barfuß spürt man den Untergrund intensiver. Den Unterschied zwischen Matsch und Hundekacke zum Beispiel oder rutschigen Laub und Bananenschalen, Holzstummeln und Glasscherben. Parcours kannte ich von den russischen Youtube-Videos, wo Jugendliche auf Spielplätzen turnten, Häuserwände hochkletterten und über Dächer sprangen.

 

Neulich las ich in der Zeitung einen Bericht über Freerunning, die Weiterentwicklung des Parcours. Dabei rennen die durchgeknallten Bubis jetzt nicht nackt durch die Gegend, sondern es geht vielmehr darum, sich noch spektakulärer, geschickter und eleganter als beim Parcours zu bewegen. Es reicht nicht mehr einfach nur weit zu springen, sondern es muss nun noch eine Schraube oder ein Salto in die Bewegung integriert werden – also quasi wie Parcours mit Eiskunstlauf gepaart.

 

Dagegen sind Jump-'n'-Run-Spiele wie Super-Mario im All oder Sonic the Hedgehog, in denen sich die Helden springend und rennend durch die Welten schlagen, ein Witz. Was Super-Mario nur auf Knopfdruck auf dem Bildschirm kann: hoch springen, weit springen, präzise springen, an Wänden kleben, über Hindernisse hechten, landen, abrollen, aufrappeln, losrennen – alles in Bewegung – können Freerunner im realen Leben. Und dazu noch mit einer Extraportion Style. Je spektakulärer es aussieht, desto besser. Freerunning ist das, was Eltern ihren kleinen Kindern verbieten. Freerunning ist das Treppenhaus benutzen, ohne die Treppe zu nehmen. Freerunning ist eine Mischung aus Sport und Kunst. Die Kunst sich im urbanen Raum schnell und effizient von A nach B zu bewegen und dabei Geländer, Gerüste, Garagen, Bänke, Bäume, Bauzäune zu überwinden.

 

Wo soll das noch hinführen? Was kommt nach Freerunning? Ich würde einen neuen Trend vorschlagen, wenn Freerunning wieder oll wird und die Jugend von heute Abwechslung braucht: Freefighting. Einfach in das Freerunning noch ein paar Waffen integrieren und dann à la Run 'n' Gun über Dächer rennen und sich gegenseitig abknallen.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0