Nahezu jeder fünfte Bundesbürger nutzt Smartwatches, Fitness-Armbänder oder spezielle Smartphone-Apps, um damit persönliche Gesunheits- bzw. Bewegungsdaten aufzuzeichnen. Doch was bringt die zahlenbasierte Selbstanalyse? Im Magazin "impulse für Gesundheitheit & Leistungsfähigkeit in der modernen Arbeitswelt" (Ausgabe 1/2017) beziehe ich dazu Stellung.
Bis auf die Runtastic-App, die meine Läufe trackt, nutze ich selbst keine Gesundheitsapps. Ich stehe dem ganzen Hype um die Fitness-Armbänder und Smartwatches im Moment noch eher kritisch gegenüber. Ich habe weder das eine, noch das andere, obwohl Sport meinen Beruf und mein Privatleben voll ausfüllt. Mich muss keine App daran erinnern, dass ich mehr trinken oder mehr Schritte gehen muss. Ich kann auch selbst noch meinen Kopf einschalten und selbstständig denken, statt die Verantwortung für mein Wohlbefinden komplett einer Erinnerungssoftware zu überlassen.
Mittlerweile gibt es um die 100.000 Apps, die sich mit den Themen Fitness und Gesundheit auseinandersetzen. Das ist ein sehr unübersichtliches Feld. Die meisten Nutzer können nicht zwischen guten und schlechten Apps unterscheiden oder mit den erhobenen Daten überhaupt etwas anfangen, geschweige denn richtig interpretieren.
Zudem wimmelt es von Falschinformationen, falschen Diagnosen und Fehlbehandlungen in den Apps. Vieles Infos sind wissenschaftlich nicht fundiert. Es gibt nur selten Kontrollen darüber, ob die Infos tatsächlich korrekt sind und von unabhängigen Quellen stammen. Die meisten Apps haben auch keine Quellenangabe.
Ich denke auch, dass die meisten Apps keinen richtigen Mehrwert für den Nutzer liefern und wenig nachhaltig sind, da oft ein kommerzielles Interesse des Anbieters dahintersteckt. Qualitativ hochwertige Apps sind eher die Ausnahme. Zumal der Großteil der Apps kostenlos angeboten werden. Denn wir als Nutzer wollen nicht viel Geld dafür ausgeben. Das hat natürlich zur Folge, dass geringe Entwicklungskosten der Apps eine geringe Qualität bedingen. Stattdessen werden die Apps durch Werbung finanziert oder durch den Verkauf persönlicher Daten.
Letzteres ist sehr problematisch, da von den Apps zum Teil auch sensible Krankheitsdaten erfasst werden und nicht klar ist, welche Kreise diese nehmen. Ein Datenmissbrauch ist nicht ausgeschlossen. In Zukunft wollen auch Krankenkassen auf den Zug der Gesundheitsapps mit aufspringen, die Daten auswerten und auf den Gesundheitskarten speichern. Da steckt schon viel Überwachung mit drin. Auf meinem iPhone 6 ist auch eine Gesundheitsapp vorinstalliert, die sich nicht einfach löschen lässt. Sie überwacht jeden meiner Schritte. Und die Daten werden an Apple in den USA gesendet. Das ist nicht cool.
Aller Kritik zum Trotz ist das Potenzial von Gesundheitsapps gigantisch. In der Prävention und Gesundheitsförderung bieten sich viele neue Möglichkeiten. Die Apps können positive Auswirkungen auf die körperliche Aktivität und Essgewohnheiten haben. Aber erst wenn es gesetzlich vorgeschriebene klare Qualitätsstandards für Patienten, Mediziner und App-Hersteller gibt, bringen diese Apps einen echten Nutzen. Dann werde ich mich vielleicht auch von der digitalen Gesundheit überzeugen lassen.
Dein Sebastian Finis
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